Jahresthema 2016: Frauen gestalten Kirche

Ellen Ueberschär

Am 13. April waren wir mit Dr. Ellen Ueberschär in einem Restaurant im Berliner Hauptbahnhof verabredet, um mit ihr über unser Jahresthema „Frauen gestalten Kirche“ zu sprechen. Bevor Sonja Albrecht über das Gespräch berichtet, sei kurz Ellen Ueberschärs Lebensweg nachgezeichnet:

1967 geboren, wuchs sie im Osten Berlins auf und engagierte sich früh in der evangelischen Jugendarbeit. Sie gehörte zehn Jahre dem Stadtjugendkonvent an, dem Leitungsgremium der kirchlichen Jugendarbeit in Ost-Berlin. Da sie nicht Medizin studieren durfte, ließ sie sich zur Facharbeiterin für Datenverarbeitung ausbilden. 1989 – noch vor dem Mauerfall – erlebte sie den Kirchentag in West-Berlin, an dem sie als ehrenamtliches Mitglied des Berliner Stadtjungendkonventes teilnehmen durfte.

1988 hatte sie begonnen, am Sprachenkonvikt in Ost-Berlin Theologie zu studieren. Nach der Wende ging Ellen Ueberschär nach Heidelberg. In Marburg promovierte sie als Stipendiatin der Studienstiftung des Deutschen Volkes über die evangelische Jugendarbeit in der SBZ und DDR. Für ihre Dissertation „Junge Gemeinde im Konflikt“ erhielt sie den Promotionspreis der Universität Marburg.

2004 wurde Ellen Ueberschär in Berlin zur Pfarrerin ordiniert; sie arbeitete als Studienleiterin für Theologie, Ethik und Recht an der Evangelischen Akademie Loccum, bis sie 2006 ihr jetziges Amt als Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentags übernahm.

Ellen Ueberschär ist verheiratet, hat eine Tochter und lebt mit ihrer Familie in Fulda. Sie hat neben Arbeiten über die kirchliche Jugendarbeit u.a. folgende Schriften veröffentlicht: „Lebensart und Sterbenskunst“, „Pilgerschritte - neue Spiritualität auf uralten Wegen“ und „Fürchtet euch nicht! Frauen machen Kirche“.

Porträt Dr. Ellen UeberschärDr. Ellen Ueberschär

Sehr präsent und leidenschaftlich: das waren mit die ersten Eindrücke von der Frau, die von Termin zu Termin eilt, um dem Kirchentag den Weg zu ebnen und Menschen für ihn zu begeistern. Inmitten eines engen Zeitplans nahm sich Ellen Ueberschär Zeit für unser Gespräch. Dass das kein Pflichttermin für sie war, sondern ein Stück weit ein Herzensanliegen aufgriff, spürten wir schnell.

Zu Beginn des Gesprächs erzählte sie eine Anekdote: 2011 wurde sie in Süddeutschland bei einem Vortrag über Frauen in der Kirche als eine „Frau mit Außenperspektive“ vorgestellt. Gemeint war ihr Aufwachsen in der ehemaligen DDR. Wie sinnvoll eine solche Bemerkung gut zwei Jahrzehnte nach der Wende ist, sei dahingestellt. In ihrem Buch „Fürchtet euch nicht“ stimmt Ellen Ueberschär in Erinnerung an diesen Vorfall der „Außenperspektive“ durchaus zu, allerdings nur, was den kirchlichen Feminismus der Bundesrepublik vor 1989 angeht. Denn seitdem kann sie auf zwei, ungleich wichtigere, Innenperspektiven zurückgreifen, nämlich jene auf die Kirche in Ost und West nach 1989.

Ellen Ueberschär kennt die evangelische Kirche und auch die Rolle, die Frauen in dieser Kirche spielen, gut. Sie blickt auf die Geschichte der evangelischen Kirche in Deutschland zurück, die von unzähligen Frauen geprägt und gestaltet worden ist. Manches ist dabei in Vergessenheit geraten. So weist Ellen Ueberschär etwa auf die große Bedeutung der Gemeindehelferinnen hin. Und sie nennt Zahlen: 2011 waren etwa 75% der Angestellten im kirchlichen Dienst, sowie ebenfalls 75% der Ehrenamtlichen Frauen, so erzählt sie. Ein Drittel der Pfarrstellen sind von Frauen besetzt, Tendenz steigend. Gleichzeitig gibt es immer noch ein starkes Machtgefälle und in manchen Bereichen sind deutliche Rückschläge zu verzeichnen. Frauen finde man im Raum der Kirche eher in der klassischen „Kümmerarbeit“ und seltener – zu selten! – in Spitzenpositionen. Der Anteil der Frauen an den Führungsämtern innerhalb der evangelischen Kirche gehe zurück. Einen Grund dafür sieht sie in den wenig attraktiven Arbeitsstrukturen in diesem Bereich. „Wer will denn so arbeiten, wer will denn so leben?! Wir müssen uns gemeinsam aufmachen, Kirche zu entrümpeln und Strukturen zu verändern, um Raum zu gewinnen, wieder nah an den Menschen sein zu können, statt in stundenlangen Meetings festzusitzen.“ Als langjährige Generalsekretärin des Evangelischen Kirchentages weiß Ellen Ueberschär, wovon sie redet.

Bei aller Belastung ist ihr jedoch auch deutlich die Freude anzumerken, in einer Position zu sein, in der sie diese Kirche – und konkret den Kirchentag – mitgestalten kann. Ihr liege daran, dass der Kirchentag auch in Zukunft ein Ort bleibe, an dem für Frauen relevante Themen Raum bekämen, erzählt sie. Gerade auch junge Frauen und ihre Fragestellungen sollen dabei vorkommen. Die gesellschaftspolitische Lage verlangt dabei eine stärkere Ausdifferenzierung, als das in den Anfängen der Frauenbewegung der Fall war. „Die Welt ändert sich. Wenn wir Kirche in der Gesellschaft und Kirche für Andere sein wollen, dürfen wir nicht stehen bleiben.“

Ihr Buch „Fürchtet euch nicht! Frauen machen Kirche“ endet mit den Worten: „Aufrufe à la Mädels, krempelt die Ärmel hoch, es ist noch viel zu tun! scheinen mir fehl am Platz. Stattdessen […] zweierlei: meine Bewunderung für alle Frauen, die tagtäglich emanzipiert und würdevoll leben, und mein liebstes Bibelzitat, Galater 5,1: Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen.

Gisela Krehnke und Sonja Albrecht

Jahresthema 2016

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